Kummer ade! by Alois Brandstetter

Kummer ade! by Alois Brandstetter

Autor:Alois Brandstetter [Brandstetter, Alois]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Residenz Verlag
veröffentlicht: 2015-05-28T16:00:00+00:00


Gratuliert und Respekt bezeugt habe ich Franz Reinthaler auch zu dem bildnerischen Werk, das er hinterlassen hat, meist kleine, in Öl auf Holz gemalte Bilder, häufig blühende Frühlingslandschaften, aber auch weihnachtliche Winter-Bilder, auf denen sich immer kleine Kinder, Buben mit Lederhosen, puttiähnliche Mädchen mit Kopftüchern tummeln, baumkraxelnd oder aus vollem Halse singend. Die Bilder erinnern sehr an die rührenden, weitverbreiteten Andachtsbildchen der 1953 verstorbenen Tirolerin Maria Spötl, die Reinthaler, der ursprünglich bei den Franziskanern in Schwaz eingetreten war und erst 1944, nachdem er den Orden verlassen hatte und Weltpriester in der Diözese Gurk geworden war, wohl persönlich gekannt hat. Sie erinnern auch an Matthäus Schiestl, vor allem aber an die Bilder der aus Massing in Niederbayern stammenden Franziskanerin Maria Innocentia Hummel, nach deren putzigen, rundlichen, niedlichen Kindern auch die berühmten Porzellanpuppen angefertigt wurden, die in einem Hummelmuseum in Massing besichtigt werden können. Es gibt zu diesem deutschen, ja europäischen Hummel-Phänomen eine parallele, weniger ins allgemeine Bewußtsein gelangte, regionale Entwicklung in Kärnten, wo der Maler Peter Brandstätter aus Spittal an der Drau und sein Freund Franz Reinthaler in Kamering ähnliche »Lausbubenbilder« gemalt haben, nach denen die »Puppenmutter« Elli Riehl die entsprechenden Stoffpuppen angefertigt hat. Und auch Kärnten hat in Treffen am Ossiacher See ein Puppenmuseum. Die Verächter und Kritiker dieser Kunst muß man freilich daran erinnern, daß Hummel schon einmal der den nordischen heroischen Menschen betonenden Kunstkritik vielen als »entartet« gegolten hat. Josef Winkler schreibt in »Wenn es soweit ist«, S. 87, daß Franz Reinthaler am neugestalteten Grab von Winklers Großvater »Kitsch, Kitsch!« ausgerufen habe. Natürlich wird es manche geben, die ähnlich streng über seine, Reinthalers, Bilder urteilen werden. Sie sind aber mit Liebe und Hingabe gemalt. Und die Liebe kann sich bekanntlich nicht irren. Hingabe ohne Gabe und Begabung? Hier wird mit dem bekannten Aperçu geantwortet: Kunst kommt von können, käme sie von wollen, hieße sie Wulst. Die Bilder Reinthalers entsprechen dem naiven, arglosen, harmlosen, frommen, franziskanischen Geist, dem sich auch die Nonne Innocentia Hummel ganz unschuldig verpflichtet gefühlt hat. »Arte povera«, Armenkunst der Bettelorden … Auch der Orden der Salesianer hat ein eigenes Kunstverständnis und eine Vorliebe für einen bestimmten Stil entwickelt. Dort, wo die Statuen wie etwa in der Kirche St. Josef in Klagenfurt/ Waidmannsdorf entfernt an Ernst Barlach erinnern, kann man vielleicht noch halbwegs versöhnt und zufrieden sein. Es gibt aber hochmütige Intellektuelle, auch im Klerus, »Weltpriester«, die sagen, sie fürchten sich vor dem Geschmack der Orden, nicht nur jenem der Bettelorden. Franz Reinthaler hat viele seiner Bilder verschenkt. Was die Pfarrkirche in Kamering betrifft, so hat er diese mit Kunstsachverstand restaurieren und an der Außenfassade mit einem Fresko, den Guten Hirten darstellend, gemalt von seinem Freund Peter Brandstätter aus Spittal, schmükken lassen. In der Paternioner Filialkirche zur Heiligen Magdalena auf dem Tragail über Kamering war er leider nicht so einsichtig und zurückhaltend. Dort hat er in die Ecken des urtümlichen, mit groben Flußsteinen gepflasterten »Paradieses« eigenhändig die drei Erzengel Michael, Gabriel und Raphael an die Wand gemalt, gepinselt, was, vom künstlerischen und ästhetischen Standpunkt aus betrachtet, besser unterblieben wäre.



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